Das steinerne Haus zu Egloffstein
aus Egloffstein
Vor undenklichen Zeiten stand an der Stelle, wo sich später der Egloffsteiner Schloßpark erstreckte, ein Häuschen. Es wurde von einem kinderlosen, wohlhabenden Ehepaar bewohnt, das in der ganzen Umgebung ob seines Geizes und seiner Hartherzigkeit verrufen war. Bettler wussten darum und hüteten sich, die ungastliche Stätte zu betreten. Eines Morgens waren die beiden mit häuslichen Arbeiten beschäftigt. Die Frau hatte am Abend vorher Sauerteig zum Brotbacken angesetzt und war nun soeben dabei, den Teig in Leibe zu formen. Der Mann hatte seine Stallarbeit beendet und kam mit dem letzen Laib Brot aus der Vorratskammer, um ihn zum Frühstück anzuschneiden. Da klopfte es an der Tür. Überrascht von dem ungewohnten Besuch öffnete der Mann und sah im Hausflur einen alten, in fadenscheinige Lumpen gehülten Bettler, der ihn mit erhobenen Händen flehentlich um ein Stücklein Brot bat. Aber eher hätte der Arme einen Stein erweichen können, als das harte Herz des geizigen Mannes. Mit barschen Worten wies ihn dieser von der Schwelle und kehrte, über das herumstreunende, elende Bettlerpack schimpfend, in die Stube zurück. In das Lästern stimmte auch sein Eheweib mit ein. Trotz der schnöden, abweisenden Antwort blieb der Bettelmann noch eine Weile vor dem Häuschen stehen. Er hoffte, dass sich die zwei Leute eines Besseren besinnen und ihn doch nicht ganz leer fortschicken würden. Aber seine Hoffnungen erwiesen sich als trügerisch. Als der arme Mann immer noch im Hofe stand, tat das gottlose Paar, um ihn desto sicherer zu verscheuchen, den ruchlosen Schwur, sie wollten auf dem Platze samt dem Häuschen in Stein verwandelt werden, wenn sie auch nur einen kleinen Bissen Brot im Hause hätten. Gerechter Zorn über die ungeherliche Freveltat flammte in den Augen des abgewiesenen Alten. Mit rächender Stimme rief er dreimal "Wehe" über das Haus und seien Bewohner und eilte von dannen. Vor den Augen der in einiger Entfernung arbeitenden Bauersleute aber vollzog sich ein großes Wunder. Die Bettlergestalt zerfloss in leuchtenden Glanz, der sich gen Himmel zog. Mann, Weib und Haus aber mit allem Hausrat erstarrten zu Gestein. Der auf diese Weise geschaffene Felsen, ein Denkmal göttlichen Strafgerichts, erhielt den Namen "Steinernes Haus".